mit Landrat R. Rempe am Grubenrand

unser offene Brief hat sich gelohnt:

Heute war Landrat Rainer Rempe bei uns in Tangendorf und hat sich die Größenordnung des geplanten Kiesabbaus persönlich vor Ort angeschaut.

Vielen Dank, dass Sie sich die Zeit genommen haben Herr Rempe!

Wir hoffen, dass wir Ihnen zeigen konnten, wie viel hier auf dem Spiel steht.

Wasser und Wald müssen geschützt werden!

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Offener Brief an

Landrat Rainer Rempe

Schloßplatz 6

21423 Winsen (Luhe)

Sehr geehrter Herr Rempe,

wie Sie als amtierender Landrat des Landkreises Harburg sicherlich wissen, treibt uns Bürger*innen in den Gemeinden Tangendorf/Toppenstedt, Wulfsen und Garstedt die Erweiterung des Kiesabbaugebiets der Firma A. Lütchens um.

Das Kieswerk soll an den bestehenden Standorten massiv erweitert werden und es ist geplant parallel eine dritte Kieskuhle zu eröffnen. Dafür müssen große Teile des Waldes bis an das angrenzende FFH/Natura 2000 Gebiet nahezu vollständig gerodet werden.

Wir als Bürger*innen der Anrainergemeinden fürchten um unser Naherholungsgebiet und sehen eine erhebliche Gefährdung für die als FFH-Gebiet ausgewiesenen Fläche rund um den Pferde- und Aubach..

Besonders kritisch sehen wir neben dem erheblichen Eingriff in die bestehenden Waldflächen den bevorstehenden Nassabbau auf der Fläche der bestehenden Kieskuhle in Tangendorf.

Dem Landkreis Harburg liegt aktuell der Antrag auf Abbau im Grundwasser auf 28 ha Fläche vor. Zum Vergleich: Dies entspricht der Fläche aller 5 vierhöfner Kiesseen zusammen.

Durch die Einbindung unserer Orte in eine nahezu vollständig landwirtschaftlich geprägte Landschaft, stellen die nunmehr gefährdeten Waldflächen einen ganz besonderen Ort der Naherholung für uns dar, da diese die einzigen fußläufig erreichbaren Waldflächen im Umland darstellen.

„Der Wald im LK Harburg ist […] für Naherholung und Tourismus („Lüneburger Heide“) von großer Bedeutung.“

„Der LK Harburg ist mit 28,5 % Waldanteil in Bezug auf Niedersachsen knapp durchschnittlich in Bezug auf die BRD unterdurchschnittlich bewaldet, deshalb sind die Wälder hier besonders bedeutsam für den Natur- und Klimaschutz.“

Die vorstehenden Absätze stammen aus einem Schreiben des Herrn Torsten Ziel, Landkreis Harburg, vom 31.01.2022 an das Niedersächsisches Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz. Herr Ziel erörtert in diesem Schreiben, weshalb der Landkreis Harburg die Aufstellung von Windkraftanlagen in einer zur Option stehenden Waldflächen ablehnt.

Der Landkreis Harburg spricht uns mit diesem Schreiben und mit seiner darin vertretenen Einschätzung zum Stellenwert der heimischen Wälder voll und ganz aus der Seele. Herr Ziel fasst vortrefflich die Bedeutung der Waldflächen zusammen und arbeitet aus, welch hohen Stellenwert diese gegenüber wirtschaftlicher Interessen haben müssen. Er beschreibt wie sensibel Ökosysteme reagieren und kritisiert eine Zerschneidung von Waldflächen.

Auf der letzten Infoveranstaltung unserer Bürgerinitiative, am 04.Mai 2022, wurde von einem Referenten darauf hingewiesen, dass unsere Landschaft eine Kulturlandschaft ist. Eine Veränderung der Kulturlandschaft hat es sicherlich immer gegeben. Die bereits in hoher Anzahl vorhandenen Kieskuhlen rund um die Gemeinden weisen jedoch bislang lediglich Größen von 2 bis 10 ha auf.

Aktuell sollen ca. 140 ha (!) im RROP als Rohstoffgewinnungsflächen umgewidmet werden, davon ca. 60 ha Wald. Zusätzlich soll in erheblichem Umfang Sand im Nassabbau gewonnen werden.

Insgesamt geht es nun also um eine massive Veränderung der Kulturlandschaft auf fast 180 ha. Dieser Eingriff wird unsere Kulturlandschaft auf über 100 Jahre (!) dominieren. Wir sind der Auffassung, dass ein solch großer Eingriff in die Kulturlandschaft nicht dem Zeitgeist entsprechen kann.

Zusätzlich steht eine Kulturlandschaft dafür, dass Menschen, die in dieser Landschaft wohnen, sich dieser auch verbunden fühlen und diese heimische Landschaft als Kulturlandschaft gestalten wollen. Um sich als Bürger einem Ort oder einer Region zugehörig zu fühlen, bedarf es nicht nur einer Unterkunft und einer Möglichkeit seinen Lebensunterhalt zu erwirtschaften. Es gehört auch eine Identifikation mit der örtlichen Kultur und der Kulturlandschaft, also dem direkten Umfeld in dem man lebt, dazu. Auch dies beschreibt Herr Ziel vom Landkreis Harburg nachfolgend ganz in unserem Sinne:

„Eine genauere Definition der Kulturlandschaft als „vom Menschen geschaffen“ wird nicht vorgenommen. Damit müsste jede vom Menschen geschaffene Landschaft letztlich bei der Bauleitplanung abgewogen werden. Die größte Gefahr geht dabei nicht von einer Fehlgewichtung aus, sondern vielmehr davon, dass ein Element des Landschafts-oder Ortsbildes bzw. eine identitätsstiftende Funktion nicht erkannt wird und dementsprechend bei einer verwaltungsgerichtlichen Überprüfung als Abwägungsdefizit ausgelegt werden könnte.“

Im Zuge der Dorfmoderation Wulfsen 2030 wurde ausgearbeitet, dass die Gemeinde Wulfsen unterdurchschnittlich bewaldet ist und dieses im ohnehin schwach bewaldeten Landkreis Harburg. Deshalb haben die Waldflächen um Au-und Pferdebach und die Bachtäler im Besonderen eine ganz wesentliche Bedeutung für die Identifikation der Bürger*innen mit Ihrem Ort. Es wurde ausgearbeitet, dass dieser Bezug unbedingt verstärkt werden muss. Auch die Gemeinde Toppenstedt/Tangendorf hat sich im Zuge der Dorfmoderation das Ziel gesetzt, den Bezug zum Auetal zu stärken.

Mit Blick auf die zu erwartende Beeinträchtigung der Waldflächen durch die Erweiterung des Kiesabbaugebiets und im Besonderen durch den Nassabbau, wird von verschiedenen Mitarbeiter*innen im Landkreis und seitens der Samtgemeinde immer wieder angeführt, dass eine bereits beeinträchtigte Fläche nun schon beeinträchtigt wäre und daher einer nicht beeinträchtigten Fläche vorzuziehen sei.

Doch auch hier spricht uns Herr Ziel vom Landkreis Harburg aus der Seele, wenn er schreibt:

„Der Bau von Windenergieanlagen in „vorbelasteten“ Waldflächen verstärkt die bereits vorhandenen erheblichen Beeinträchtigungen der natürlichen Funktionen des Waldes. Der Wald als überaus wichtiger Faktor zur Erhaltung des Klimas und zum Erreichen der Klimaschutzziele sollte daher ökologisch aufgewertet werden, anstatt vorhandene Beeinträchtigungen zu verstärken.“

Weiter führt Herr Ziel aus:

„Um die Leistungsfähigkeit und die besondere Bedeutung des Landschaftsbildes von Waldflächen in Landschaftsschutzgebieten (LSG) zu erhalten, sollte von der Planung von WEA in LSG-Waldflächen grundsätzlich abgesehen werden.“

Dieses sehen wir als Bürger*innen der betroffenen Gebiete und als Bürgerinitiative jedoch nicht nur für Windenergieanlagen, sondern generell für ALLE Maßnahmen, die die im Landkreis Harburg ohnehin geringen Waldflächen gefährden.

Zur Erweiterung der Kieskuhle in Tangendorf sowie zur Eröffnung der 3. Kieskuhle sollen die angrenzenden Waldflächen aktuell nicht zerschnitten oder beeinträchtigt, sondern vollständig gerodet werden. Mit wesentlichen Beeinträchtigungen dürfte dann besonders für das zwischen den Kieskuhlen „eingeklemmte“ FFH-Gebiet zu rechnen sein.

Besonders die Auswirkung der Zerschneidung der Waldflächen auf die Tierwelt sieht Herr Ziel kritisch.

„Die Auswirkungen im Hinblick auf das Schutzgut Arten und Lebensgemeinschaften sind nicht abschätzbar.“

Hier stellen wir uns natürlich die Frage wie die Auswirkung auf die Arten und Lebensgemeinschaften bei einer Rodung von ca. 60 ha Wald abgeschätzt werden sollen.

Sicherlich verstehen Sie, dass wir als Bürger*innen uns extrem sorgen. Zum einen mit Blick auf das für uns gefährdete Naherholungsgebiet, aber natürlich auch mit Blick auf die immer häufigeren Extremwetterlagen.

Genau wie Herr Ziel sehen wir „die Wälder hier besonders bedeutsam für den Natur- und Klimaschutz.“

Die Wälder schaffen ein eigenes Mikroklima und können somit zu einer Kühlung bei extremer Hitze führen, dienen aber auch der kontrollierten Wasserabfuhr und dem Wasserrückhalt.

Wir erachten diesen Raum als dringend und unbedingt schützenswert: Für uns alle heute, aber auch für die nächsten Generationen und die Zukunft unserer Kinder und Dörfer.

Sehr gerne würden wir Ihnen hier vor Ort von unseren Sorgen und vom Ausmaß der Erweiterung berichten. Bei einem gemeinsamen Spaziergang könnten wir Ihnen unsere Bedenken zur Waldrodung und zum beantragten Nassabbau im Bereich der betroffenen Flächen anbieten.

Mit Blick auf die anstehenden Wahlen, in denen Sie als Landrat wiedergewählt werden möchten, verstehen wir, dass ihr Terminkalender sicher gut gefüllt ist und würden uns über einen Terminvorschlag sehr freuen.

Mit freundlichen Grüßen

Bürgerinitiative Auetal/Tangendorf 

Tangendorf. 29.08.2022

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