Pressemitteilungen

Bürgerinitiative Auetal kämpft für den Erhalt ihres Naturschutzgebietes 

Tangendorf, Wulfsen, Garstedt

10. Mai 2021 

Worum geht’s? Das bereits bestehende Kieswerk Lütchens zwischen Tangendorf, Wulfsen und Garstedt soll um ein Vielfaches erweitert werden. Das würde bedeuten, dass der Rest des Tangendorfer Waldes verschwindet, das Naturschutzgebiet der Aue in Gefahr ist und die Bürger*innen ein einzigartiges Naherholungsgebiet verlieren. Die Firma Lütchens plant den Abbau von insgesamt 68 Hektar. Diese Erweiterung würde unter anderem einen massiven Anstieg der Verkehrsbelastung durch die LKW bedeuten, was auch die umliegenden Dörfer, wie Pattensen, Thieshope, Garlstorf, Scharmbeck betrifft. 

Statt die Kiesgrubenerweiterung bei der anstehenden Kommunalwahl am 12. September zum Thema zu machen, scheint es uns, als wolle der amtierende Bürgermeister von Tangendorf und Toppenstedt, Heinrich Nottorf, die Erweiterung noch kurz vor Ende seiner letzten Amtszeit schnell schnell in trockenen Tüchern haben wollen. 

Das wollen die Bürger*innen aber nicht mit sich machen lassen und haben die Bürgerinitiative Auetal gegründet. „Wir wollen verhindern, dass unser letztes Waldstück zerstört wird. Vor zwanzig Jahren gab es schon einmal wegen der aktuell bestehenden Kiesgrube eine Bürgerinitiative. Damals ist in der Kommunikation zwischen Gemeinde und BI auch einiges schief gelaufen, aber letztendlich wurde der Bürgerinitiative zumindest versprochen, dass der Wald bestehen bleibt und nicht doch noch einer Kiesgrube zum Opfer fällt. „Auch deshalb sind wir jetzt so aufgebracht“ sagt Nele Braas, Mitgründerin der Initiative. 

Bürgerbeteiligung? Fehlanzeige. Was mit ihrem Wald passiert, das dürfen die Bürger*innen nicht entscheiden. Bürgerbeteiligung ist, so scheint es, nur bei der Frage der Nachnutzung geplant. „Die Bürger*innen wollen mit darüber entscheiden dürfen, was jetzt mit ihrem Wald passiert und nicht, was in 30 bis 50 Jahren eventuell aus dem Gebiet wird. „Fakt ist, dass die wenigsten, die heute über dies Zukunftsprojekt abstimmen würden, dann noch da sind“, sagt Holger Gerlich von der Bürgerinitiative. „Das ist eine Alibi-Bürgerbeteiligung und hat nichts mit Demokratie zu tun.“ 

Die Bürgerinitiative fordert daher, dass die Beantragung zum Abbau bis zur kommenden Wahl vertagt wird und vor einer so gravierenden Entscheidung die Stimme der Bürger*innen gehört wird. 

Das Gebiet: Die Flächen, die die Bürgermeister Beyer, Nottdorf, Müller und Bauer und die Firma Lütchens zum Vorranggebiet Rohstoffgewinnung umwandeln wollen, liegen direkt neben dem Naturschutzgebiet „Gewässersystem der Luhe und unteren Neetze“ rund um „Pferdebach und Aubach“. Das Naturschutzgebiet ist ein EU-zertifiziertes Natura 2000-Gebiet und hat daher einen sehr hohen europäischen Schutzstatus. „Wenn auf beiden Seiten der Feuchtgebiete Sand abgegraben wird, dann sind diese Feuchtgebiete in Gefahr“, sagt Umweltjournalist Johannes Bünger, der ebenfalls Teil der Bürgerinitiative ist. 

Die Betroffenen: „Der Wald, der hier platt gemacht werden soll, ist das wichtigste Naherholungsgebiet für die Bewohner*innen in den Dörfern drumherum, er ist das letzte Stück „grüne Lunge, was dem Dorf geblieben ist“, sagt Braas. „Deshalb sollten die Bürger*innen auch ein Mitspracherecht haben.“ Besonders entsetzt sind die Organisatoren der Bürgerinitiative darüber, dass nicht einmal die Leute vorgewarnt wurden, die mitten in dem Gebiet leben, dass zur Kiesgrube werden soll.

Einladung an Pressevertreter*innen:

  • Die Organisator*innen der Bürgerinitiative stehen jederzeit für Interviews bereit (telefonisch, per Video oder in Präsenz vor Ort).
  • Gerne können Sie Mitglieder*innen der Bürgerinitiative bei einem Gang durch das entsprechende Waldstück begleiten. Diese können Ihnen vor Ort das Gebiet zeigen, dass der Kiesgrube weichen soll. 

Kontakt: Schreiben Sie uns gerne eine Mail an rettet@dieaue.de

Narrative und Vorgeschichte der Kiesgrubenerweiterung im Auetal

07.05.2021

Am 22. Juli 1999 wurde der Kiesabbau in der Osterheide trotz lautstarker Proteste einer Bürgerinitiative genehmigt. Die Bürgerinitiative damals beklagte, dass sie getäuscht worden seien, ihnen relevante Änderungen an z.B. der Abbautiefe vorenthalten wurden, dass die Verkehrsentwicklung im Genehmigungsverfahren keine Rolle spielte und, dass es kein Raumordnungsverfahren mit Umweltverträglichkeitsstudie gegeben hat. 

Vorgeschichte basierend auf einer Auswertung von Infoblättern und Zeitungsartikeln: 

  • Artikel (Quelle und Datum unbekannt): Berichtet, dass Bürgerinitiative Gemeindebeschluss für rechtswidrig empfindet, 
  • 10.01.98, Hamburger Abendblatt berichtet, dass der Rat im Mai 1997 einstimmig dem Kiesabbau auf 67 Hektar bei Tangendorf zugestimmt habe unter dem Druck des Bügermeisters, sich sonst regreßpflichtig zu machen (später als falsch rausgestellt) 
  • GT 1: Gemeinde behauptet, einer Abbaufläche von 67 entgegen der Behauptungen der BI nie zugestimmt zu haben 
  • 17.01.1993, Informationsblatt der Bürgerinitiative: Gesprächstermin am 13. Januar wurde von Gemeinderat abgesagt
  • 28.02.1998, Informationsblatt der Bürgerinitiative: vorgesehener Kiesabbau liegt in möglichem Landschaftsschutzgebiet, 2 Ratsherren verfügen über Land im geplanten Abbaugebiet, am 13. Januar 1998 erklärte der Gemeinderat mehrheitlich sein Einvernehmen; Beratungsgespräche zwischen Gemeinde und Antragsstellern vermutlich schon seit 1995, formeller Antrag am 26.02.1997, BI vermutet, dass das Ergebnis der Abstimmung im Gemeinderat vorher feststand; Bürgermeister Beecken räumt ein, den Antrag nicht früh genug bekanntgegeben zu haben (WA vom 28.1.98)
  • Artikel (Quelle und Datum unbekannt): Infos zu Kiesgrubenplanung sind durchgesickert -> läge nahe, dass auch damals die Bürger*innen eher durch Zufall davon erfuhren
  • 29.3.1998, WAZ berichtet, dass der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) die Belastung für Tangendorf durch den Kiesabbau als unzumutbar einstuft und ein ordentliches Raumordnungsverfahren mit Umweltverträglichkeitsprüfung fordert (inkl. Verkehrsaufkommen etc.), kritisiert fehlende Infos über Wasserentnahme und Bodenverfüllung
  • 27.02.1999, ZEITUNG (unbekannt) berichtet, dass die Bürger wütend sind, weil ihnen Akteneinsicht verwehrt wird, mit der Erklärung, die Unterlagen lägen nicht vollständig vor, der Kreis sich nicht um das Verkehrsthema kümmert, 
  • 12.03.1999, Der Winsener Anzeiger berichtet, dass durch den Kiesabbau alle 6 Minuten ein Laster durchs Dorf rollen würde und durch den Abbau auf bis zu einem halben Meter über die Grundwassergrenze das Trinkwasser in Gefahr sein könnte. Bei einer Tagung waren dennoch keine Vertreter*innen der Kreispolitik anwesend -> Frust wegen fehlender Bürgernähe. Die Bezirksregierung sehe keine Möglichkeit, einzugreifen. Ein Stipp könnte somit nur noch vom Kreistag kommen. 
  • 21.04.1999, Winsener Anzeiger berichtet, dass die BI Tangendorf die Bezirksregierung einschaltet und fordert, dass der Landkreis sein Vorgehen im bisherigen Verfahren erklären müsse. Insbesondere die Frage, warum kein Raumordnungsverfahren mit Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt worden sei. 
  • 07.05.1999, Im Winsener Anzeiger heißt es, dass ein zweites 50 Hektar großes Gebiet wohl nicht realisiert werden würde, da es weder im Landesraumordnungsprogramm, noch im Regionalen Raumordnungsprogramm weder als Vorsorge- noch als Vorranggebiet vorgesehen sei. 
  • 3.06.1999, In der WAZ heißt es, dass die Bau- und Planungsausschussmitglieder der Samtgemeinde Salzhausen für eine Begrenzung des Abbaus seien und den Kiesabbau in „geordnete Bahnen“ lenken wollen. „Deshalb sollen künftig mögliche Bodenabbauflächen im Flächennutzungsplan der Samtgemeinde festgeschrieben werden. 
  • Artikel (Quelle und Datum unbekannt) – Oberkreisdirektor Hans Bodo Hesemann sichert Unterstützung bei verkehrssichernden Maßnahmen zu, BI hatte 330 Stimmen gesammelt; Lütchens hatte 76 Hektar für Kiesabbau beantragt, 55 wurden genehmigt, Großteil des Waldes soll erhalten bleiben, BUND verweigert Zustimmung, Hesemann sagt, dass man die Fläche nur in Teilabschnitten freigebe, wenn das vorherige Stück renatuiert sei. 
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